H o l l a r
(Wir danken Hermann Kosch für den Artikel recht herzlich)
Hier an dem leicht auslaufenden Osthang des Taunuskamms zur Ebene der Wetterau hin steht die Kapelle von Hollar. Neben Flurbezeichnungen wie Hollerberg, Hollerfeldchen, Hollerwiesen, Hollerrain und Holler-pful ist die Kapelle stumme Zeugin des untergegangenen Ortes Hollar.
Hollar und die Herrn von Hollar
Hollar trägt wie Aßlar, Fritzlar, Lollar, Wetzlar oder Gorlar die recht seltene Endung -lar. Diese deutet auf Siedlungen germanischen Ursprungs hin, die zeitlich um 400 n.Chr. zuzuordnen sind. Das älteste schriftliche Zeugnis über Hollar stammt aus dem Jahr 817. In der Schenkungsurkunde an das in jener Zeit bedeutende Benediktinerkloster Lorsch überlässt ein wohlhabender fränkischer Gutsbesitzer dem Kloster 10 Huben Land und 17 Leibeigene. Zehn Huben sind eine Fläche, die zehn Familien bearbeiten und von deren Ertrag diese sich ernähren können. Zur genaueren Beschreibung der Lage wird darin die Wetterau genannt und aufgeführt stehen darin Rodheim wie die Orte Ockstadt und Hollar.
Erst im 12. Jahrhundert erscheinen Hollar und Ockstadt wieder als Bestandteile der Mörler Mark. Beide müssen sie in den Besitz der Herrn von Kleeberg und Mörle gekommen sein und erleben miteinander wiederholt den Wechsel der Territorialherrn. 1223 stirbt die Familie der Kleeberger aus. Ihr Erbe geht zunächst an die Herrn von Isenburg über und schon 1280 an die Herrn von Eppstein. Im 14. Jahrhundert dann unterstehen Ockstadt und Hollar den Herrn von Cleen zu Ockstadt. Durch die Heirat der Irmel von Cleen mit Hans von Franckenstein im Jahr 1522 werden beide Dörfer der Familie von Franckenstein zum Lehen anvertraut.
In Hollar selbst lebte ein Rittergeschlecht als örtlicher Lehnsträger. Der Gepflogenheit jener Zeit entsprechend hatte dieses den Dorfnamen als Familienname angenommen. In der Zeit zwischen 1222 und 1489 sind Nachfahren ihrer Familie hier wie in der aufstrebenden Reichsstadt Friedberg nachweisbar. Bekanntester Vertreter ihres Geschlechts ist Rudolf von Hollar. Er war mit Mechthild von Kälberau verheiratet, einer Baronin aus dem Hause von Krommbach-Rannenberg in Franken. Ritter Rudolf erscheint 1222 als Zeuge in einer Schenkungsurkunde über Güter an das Deutschordenshaus zu Sachsenhausen. Unter Ludwig IX. von Frankreich nahm er am 6. Kreuzzug ins Heilige Land teil und kehrte hiervon nicht zurück. Mechthild von Hollar zog sich mit ihren Kindern auf den Witwensitz nach Hörstein zurück. In einem Nebengebäude des elterlichen Stammsitzes in Kälberau gründete sie nach dem religiösen Empfinden ihrer Zeit eine Beginenklause, eine klosterähnliche Gemeinschaft. Hier starb sie.
Hollar und seine Gemarkung
Siedlungsgeschichtlich betrachtet wählten die ersten Ansiedler von Hollar den leicht ansteigenden festen Grund des unteren Berghanges zum Platz für ihre Hütten und Höfe. Hierbei haben wir uns im Gegensatz zu Ockstadt Hollar eher als eine Streusiedlung vorzustellen, in der die heutigen Flurbezeichnungen Waitzen- und Pfaffengasse wahrscheinlich einst Straßen-bezeichnungen gewesen sind.
Neben dem üblichen Feldbau ist in Hollar auch Weinbau betrieben worden, dessen Ertrag sie an das Kloster Arnsburg lieferten. Er muss wohl begehrt gewesen sein, denn in einer Aufzeichnung heißt es: „der >Hollarer< erfreute sich allenthalben eines guten Rufes“. An diese Art der Feldbestellung erinnern heute noch die Flurbezeichnung Im Wingert und der Hohlweg nach dem Wingert. Kaufverträge wie Schenkungsurkunden aus den Jahren 1262, 1280 1293 und 1371 belegen dies.
Die Abhängigkeit von Hollar und seine Ausrichtung nach Ockstadt zeigt sich verstärkt in Zeiten kriegerischer Aus-einandersetzungen. Nach und nach haben Einwohner ihr Hollar verlassen, um Schutz zu suchen in dem Nachbardorf Ockstadt, das durch Haingräben und Dorftore besser geschützt war und dem die Burg einen besonderen Rückhalt verlieh. Das geschah erst recht im 30-jährigen Krieg. Damit zerfielen aber in Hollar die letzten Ansiedlungen. Von Ockstadt aus bestellten nun die Bauern ihre Felder und Weinberge.